Am 8. Mai 2025 fand in Budapest am Mathias Corvinus Collegium die Veranstaltung „Das geistige Fundament Europas im Wandel der Zeit“ statt, organisiert vom Deutsch-Ungarischen Institut für Europäische Zusammenarbeit.

Am 8. Mai 2025 fand in Budapest am Mathias Corvinus Collegium die Veranstaltung „Das geistige Fundament Europas im Wandel der Zeit“ statt, organisiert vom Deutsch-Ungarischen Institut für Europäische Zusammenarbeit. Die Veranstaltung wurde von Bence Bauer, Direktor des Instituts, eröffnet, der die Bedeutung des Dialogs zwischen Deutschland und Ungarn in den Bereichen Zivilgesellschaft, Wissenschaft und Politik betonte. Er übergab das Wort an Prof. Dr. Schwartz, Hauptgeschäftsführer von Renovabis, der in seinem Vortrag die prägenden Einflüsse von Jerusalem, Athen und Rom sowie der Rolle von Solidarität und Versöhnung in Europa erläuterte.

Schwartz sprach über die Geschichte und die Mission von Renovabis, das 1993 gegründet wurde, um nach dem Fall des Eisernen Vorhangs die geistige Wiedervereinigung Europas zu fördern. Renovabis unterstützt mehr als 1.000 Projekte in Ungarn und anderen osteuropäischen Ländern. Der Vortrag hob hervor, dass Europa mehr sei als nur ein Wirtschaftsraum. Es sei eine Gemeinschaft, deren Identität auf den Werten der Menschenwürde, Freiheit und Versöhnung beruhe. Schwartz verwies auf die Trias von Jerusalem, Athen und Rom, die Papst Benedikt XVI. als geistiges Fundament Europas beschrieben hatte – Glaube (Jerusalem), Vernunft (Athen) und Recht (Rom). Diese Werte seien weiterhin von entscheidender Bedeutung, um die europäische Identität zu bewahren und weiterzuentwickeln. Er wies jedoch auch auf die zahlreichen Herausforderungen hin, die Europa heute konfrontieren. Der Schatten des Kommunismus sei in vielen osteuropäischen Ländern nach wie vor spürbar und der wachsende Nationalismus sowie der Krieg in Europa stellten zusätzliche Bedrohungen für die europäische Einheit dar. In diesem Kontext plädierte er für eine „neue Aufklärung“, welche Glaube und Vernunft wieder in Einklang bringe.

Im Anschluss moderierte Prof. Dr. Frank-Luther Kroll eine Diskussion, in der die Frage nach dem gescheiterten Transfer von Spiritualität zwischen West- und Osteuropa aufgeworfen wurde. Kroll stellte fest, dass die erhoffte geistige Bereicherung durch Osteuropa bisher nicht eingetreten sei, vielmehr habe sich im Osten eine zunehmende Säkularisierung durchgesetzt. Ein weiteres Thema der Diskussion war die unterschiedliche Auffassung von Freiheit in Ost- und Westeuropa. Während der Westen Freiheit als individuelles Recht verstehe, werde im Osten der Wert der Gemeinschaft und Tradition stärker betont, was zu Spannungen im Dialog führe. Kroll sprach zudem über die Arbeit von Renovabis im Bereich der Ökumene, insbesondere in Ländern wie Albanien, wo interreligiöse Zusammenarbeit relativ gut funktioniere, wohingegen die Beziehungen zu orthodoxen Kirchen in Ländern wie Georgien und Rumänien von Schwierigkeiten geprägt seien. In der anschließenden Fragerunde mit dem Publikum wurden die Themen Solidarität und Eigeninteresse weiter vertieft. Ein Zuhörer warnte davor, Solidarität als Mittel zur Durchsetzung eigener Interessen zu missbrauchen, insbesondere wenn es um die politische Unabhängigkeit der osteuropäischen Länder gehe. Auch die anhaltende politische Polarisierung in Deutschland wurde thematisiert, was als Spiegel eines weltweiten Trends betrachtet wurde. Eine Teilnehmerin aus Siebenbürgen kritisierte die restriktive Haltung der lokalen katholischen Geistlichen gegenüber gemischt-religiösen Ehen, was zu weiteren spannenden Diskussionen führte.

Die Veranstaltung machte deutlich, dass die geistige Einheit Europas nach wie vor ein unvollendetes Projekt bleibt. Trotz der Bemühungen von Renovabis, Brücken zwischen Ost- und Westeuropa zu schlagen, bestehen weiterhin tiefgehende Unterschiede in den politischen Kulturen und Wertvorstellungen. Die Diskussion unterstrich die Notwendigkeit eines Dialogs auf Augenhöhe – nicht nur zwischen den Staaten, sondern auch zwischen den verschiedenen Religionen und Kulturen in Europa. Zum Abschluss dankte Bence Bauer den Referenten und dem Publikum und kündigte zukünftige Veranstaltungen des Instituts an. Der Abend endete mit einem Hinweis auf den neuen Papst, welches gerade während der Veranstaltung gewählt wurde, was die Teilnehmer zu weiteren informellen Gesprächen nach der Veranstaltung anregte.